Interviews / Musik

Gefragt: Killerpilze

Im Rahmen der Tourpräsentation der Killerpilze habe ich es mir nicht nehmen lassen, dem Jo, Sänger der Band, eine Handvoll Fragen zu stellen. Wir haben über ihr Album „High“, wie man sich auf die anstehende Tour vorbereitet und über ihr eigenes Festival „Donauside“ gesprochen.

HDIYL: Ich muss zu Beginn des Interviews gleich mal etwas gestehen. Zu meiner Bravo Zeit, als ihr gerade ganz groß wart, fanden alle meine Freundinnen euch toll und ich nicht. Ich musste aber sehr schmunzeln, als die Anfrage kam, ob wir mit HDIYL die Tour präsentieren möchten. Dann habe ich mich erstmals wieder mit eurer Musik auseinandergesetzt und siehe da – ich bin begeistert.

Jo: Das ist ein schönes Kompliment und freut mich sehr! Da hat natürlich in den letzten Jahren ein wenig Entwicklung stattgefunden, stimmt.

HDIYL: Habt ihr bewusst gesagt, dass ihr die Fans von damals mitnehmen wollt oder fändet ihr es schön , wenn die Leute, die euch damals schon mochten, euch heute immer noch feiern? Ihr habt es ja geschafft, jemanden mit eurem aktuellen Album zu überzeugen, der euch damals nicht dufte fand.

Jo: Absolut. Das ist ganz unterschiedlich, weil es keine wirkliche Zielgruppe gibt, die wir bedienen wollen. Das sind weder die Fans von damals, die wir versuchen abzugreifen, noch haben wir einen Plan, eine neue Zielgruppe zu erreichen. Es ist einfach so, dass wir schon viele unterschiedliche Platten gemacht haben. Mit „High“ hatten wir richtig Bock auf eine poppige, schöne entspannte Soundplatte. Es freut uns, dass gerade jetzt, tatsächlich auch das erste Mal in unserer Bandgeschichte, viele Kritiker sagen, dass wir echt was Geiles abgeliefert haben, das oben mitspielen kann. Es ist ein schönes Kompliment, aber wir haben nicht bewusst gesagt, dass wir unseren Sound verändern müssen. Es passiert einfach so. Wir umgeben uns ja mit vielen Einflüssen, ob Bücher, Musik und allem möglichen Drum und Dran. Das findet automatisch seinen Weg in die Musik. Das wir nicht ewig Teenie Punkrock machen werden, war uns sogar schon 2006 klar. Wir sind eine Band, die sich stetig weiterentwickelt, sich neu erfinden will und musikalisch mal alle Spielfelder ausprobiert.

HDIYL: Das klingt gut. Man kann ja nicht davon ausgehen, dass das, was 2006 funktioniert, heute auch noch funktionieren wird.

Jo: Absolut gar nicht. Das war vielmehr ein Grund damals, warum es mit Universal auseinanderging. Die Plattenfirma wollte die Erfolgsformel weiterführen, mit dem gleichen Sound, unverändert. Wir haben damals schon gesagt, dass wir uns nicht auf eine bewährte Formel einlassen. Wir wollen ausprobieren und uns als Band entwickeln können. Diesen Raum brauchen wir. Deswegen klingt unser Sound immer unterschiedlich – jede Platte klingt anders. Mich freut es, weil es unsere Fans nicht langweilt und wir sie immer wieder überraschen können. Man findet immer wieder neue Zuhörer, die auch Spaß daran haben, dass eine Band ein Album nicht wie das andere produziert.

HDIYL: Da kann ich nur zustimmen! Mit dem neuen Album „High“ habt ihr etwas angefangen, wo andere Bands mit euch gleich ziehen. Ihr habt es durch Crowdfunding finanziert. Bei euch hat es sehr gut funktioniert und ihr habt sogar mehr als die erwartete Summe eingenommen. Was war euer Trick?

Jo: Ja, da gibt es viele Tipps. Das Wichtigste ist, dass man zu 100% dahinter steht und es mit viel Leidenschaft macht. Es reicht nicht zu sagen, wir machen eine Crowdfunding Kampagne und wir wollen Geld für unser neues Album oder Video sammeln und sich darauf verlassen, dass es seiner Wege geht. Man muss aktiv dafür arbeiten, kreativ sein und das haben wir mit der Kampagne so erfüllt. Wir haben viel gearbeitet, waren viel mit unseren Fans in Kontakt – das ist der Schlüssel zum Erfolg. Es war lange Zeit nicht abzusehen, ob wir die Summe knacken oder sogar überschreiten. Da gab es schon ein paar Tage an denen wir gezittert haben. Grundsätzlich sollte man sich im vornherein viele Gedanken machen. Von der gesammelten Summe werden noch die Steuern abgezogen, da haben wir wirtschaftlich viele Erfahrungen gemacht. Das nehmen wir für ein nächstes Mal mit, wenn es eins gibt.

HDIYL: Na, das wäre doch schon glatt meine nächste Frage: Würdet ihr es denn noch mal machen? Oder eher nicht, weil ihr die Fans ja wieder zum Geldbeutel bittet…

Jo: Ich finde den Ansatz von Crowdfunding insofern ganz gut, dass ich es gerecht finde, die Fans zum Geldbeutel zu bitten, weil ich finde, dass es selbstverständlich sein sollte für gute Kunst zu zahlen. Ob es jetzt ein guter Film oder Musik ist. Das ist in Zeiten wie diesen anders geworden – es hat sich durch Spotify und YouTube verändert. Es kann auch jeder handhaben für sich. Nach wie vor ist mein Ansatz, dass gute Arbeit, die man leistet, auch als Künstler in Vorarbeit ohne zu wissen, ob man damit etwas verdient, dafür Geld verlangen kann. Wir würden niemals anfangen, unseren Fans die Pistole anzusetzen und sie dazu bringen, dass sie uns Geld geben. Ich würde es auf keinen Fall ausschließen, dass wir es noch mal probieren oder in einer anderen Form machen, wenn es zeitlich passt.

HDIYL: Am Ende des Tages zahlen die Fans ja so oder so. Ob sie sich jetzt das Album kaufen, zu einem Konzert kommen oder sich Merch kaufen.

Jo: Genau, es gibt ja unterschiedliche Wege. Grundsätzlich finde ich den Gedanken schön, für alles, woran man Freude hat, zu zahlen. Für gutes Essen zahlt man ja auch etwas mehr bzw. man zahlt einfach dafür ohne groß darüber nachzudenken. Nur in der Musik ist es so. Für uns war es ein schönes Zeichen, dass wir so viele Fans haben, die dazu bereit sind, in unsere Arbeit zu investieren. Das muss ich jetzt einfach so mal sagen. Das hat in dem Moment dem kreativen Prozess auch sehr gut getan. Zu wissen, dass man gewisse Freiheiten hat.

HDIYL: Das ist bestimmt eine tolle Motivation! Ihr habt für das Album vieles in Eigenregie gemacht, Plattenlabel, Promotion usw. Würdet ihr es irgendwann wieder ändern wollen und vielleicht zum Major Label gehen?

Jo: Wir führen das eigene Label seit sieben Jahren. Wir haben tatsächlich angefangen, dass wir alles selbst gemacht haben. Nur bei der letzten Platte „High“ haben wir uns ein kleines Team um uns herum geformt, vor allem im Produktmanagement-Bereich. Unser Management ist auch größer geworden. Das ging mit diesem Album auch das erste Mal. Was die Zukunft angeht, würde ich nie ausschließen, dass wir mal wieder zu einem Major Label gehen. Allerdings ist für mich bzw. für uns die Prämisse, dass wir mit jemanden zusammenarbeiten, der zu 100% an uns, die Band und an den Sound glaubt. Es ist unglaublich schwierig jemanden innerhalb der Plattenfirma zu finden, der sich für so ein Thema einsetzt. Wir würden nicht zu einem Major Label gehen, um nur eine Band von vielen zu sein. Wir wissen auch, welchen Marktwert wir haben und dass wir das ganz gut alleine bewerkstelligen können. Wenn wir jemanden bei einer großen Plattenfirma finden, der einem das Gefühl wirklich gibt für die Sache zu brennen und das Potenzial erkennt, dann würde ich das nie ausschließen. Das kann ein sehr schöner Schritt sein, mit mehr finanziellen Mitteln die Musik mehr Leuten zugänglich zu machen. Das wird man alles sehen. Wir haben die letzten Jahre immer wieder Gespräche geführt, doch wir hatten nie das Gefühl, dass dort der Einsatz für uns da ist. Es ging darum, ob man die Killerpilze unter Vertrag nimmt oder nicht. Es gab keinen, der uns das Gefühl gegeben hat, dass er für die Platte einsteht.

HDIYL: Das verstehe ich, weil man ein Stück der Verantwortung für sein eigenes Baby abgibt und man nur hoffen kann, dass sie auch nur Gutes damit anstellen.

Jo: Genau, wir geben wir da schon sehr viel rein in diese Labelarbeit. Wir machen zwar nicht alles selber, haben da auch ein Promoteam, aber die Kommunikationswege sind recht kurz. Bei einem großen Label geht das immer über ein paar Ecken mehr und da braucht man jemanden, der das firmenintern ganz oben auf seiner Liste stehen hat. Wir kennen genügend Bands, die bei Major Labels sind und sich nicht wohl fühlen, weil sie oftmals an zweiter Stelle stehen, wenn die neue Helene Fisher Platte erscheint. Das haben wir mit dem eigenen Label sehr gut gelernt, wie wir unser Projekt ins rechte Licht rücken können.

HDIYL: Was zu einem Release auch immer dazu gehört, ist eine Tour zum Album. Die steht jetzt an und ihr seid gefühlt einen Monat auf Tour, wie bereitet ihr euch vor? Viele Unterhosen kaufen, dass man nicht währenddessen in den Waschsalon muss?

Jo: Wir haben uns mehr oder minder so vorbereitet, dass wir noch mal in den Urlaub gefahren sind, weil wir wussten, dass wir bis Ende des Jahres unterwegs sein werden. Das hat auch ganz gut getan, noch mal Kraft zu tanken, für die nächste Etappe gewappnet zu sein. Ich persönlich bereite mich auch gerne mit Sport vor. Weil ich weiß, dass es körperlich auch anstrengend ist, von einer Stadt in die nächste Stadt zu fahren. Hier und da wird ja auch noch gefeiert und da muss der Körper schon etwas aushalten. Sport ist nie verkehrt. Vor der Tour proben wir auch noch mal, quasi eine Generalprobe. Um die Sachen, die über den Urlaub vergessen wurden, aufzufrischen. Sonst kauft man auch nichts mehr groß für den Kühlschrank ein, weil man weiß, dass man nicht zum Essen kommt. Man geht auch eher Essen, wenn man mal einen Day Off hat, als dass man sich selbst etwas kocht. Das sind die Vorbereitungsmaßnahmen, die wir so treffen.

HDIYL: Sehr vorbildlich! Ihr seid jetzt auch unter die Festivalveranstalter gegangen und das, obwohl es Festivals wie Sand am Meer gibt. Das Donauside Festival hat dieses Jahr Premiere gefeiert. Wie kam es dazu?

Jo: Ja, das stimmt, es gibt viele Festivals. Es war ein großer Traum von uns als Band mal ein eigenes Festival zu veranstalten. Wir haben das Donauside aus der Taufe gehoben und es war ein voller Erfolg aus dem Stand heraus. Wir haben da monatelang vorbereitet, dass es auch etwas Schönes wird und etwas Besonders ist. Wir haben es in einem Ort veranstaltet, wo es keine Festivals wie Sand am Meer gibt, in Dillingen an der Donau. Das ist unsere Geburtsstadt, wir wohnen zwar alle in München, kommen aber sehr gerne dahin zurück. Da es etwas ländlicher gelegen ist, dachten wir uns, dass es ganz schön wäre, wenn die Leute hier ein cooles Festival bekommen. Wir haben viele Bands angerufen, einfach etwas auf die Beine gestellt und geschaut wie das wird. Wir sind eine Band, die gerne etwas macht, anstatt sich nur darüber zu beklagen. Es hat zum Glück gut funktioniert, der Termin für nächstes Jahr steht schon fest, was uns sehr freut. Wir hoffen, dass das Wetter ein bisschen geiler wird, ansonsten war es ein rundum gelungener Tag.

HDIYL: Das sah im Aftermovie auf jeden Fall sehr gut aus! Ich finde es toll, dass ihr ein Festival organisiert anstatt nur an anderen Konzepten rumzumeckern. Kommen wir zur vorletzten Frage, die etwas pathetisch daherkommt. Wie sieht die Zukunft der Killerpilze aus? Euch gibt es jetzt schon lange und ihr konntet euch auch so lange halten, deswegen würde mich das mal interessieren.

Jo: Das ist immer eine super spannende Frage, die wir selbst so gar nicht gut beantworten können. Ich sehe uns in zehn Jahren auf jeden Fall als Band, die weiterhin mit viel Spaß an der Musik Alben veröffentlicht. Auf ganz lange Zukunft gesehen, glaube ich schon, dass wir eines der erfolgreichsten Rocktrios Deutschlands werden dürften. Es würde mich auf jeden Fall freuen. Unser ganz großer Traum ist, der Headliner Slot bei Rock am Ring oder Co-Headliner zu sein, wenn die Sonne langsam untergeht. Die Zeitrechnung ist nur relativ. Ob das jetzt in drei Jahren soweit ist, in dreizehn oder zwanzig, kann ich dir auch nicht sagen. Ich habe das Gefühl, dass wir super viel Frische und Energie in unserem Bandkonstrukt haben und deswegen wird es nie langweilig. Dadurch, dass wir musikalisch immer wieder neue Wege gehen, sind wir kein starres Bandkonstrukt, bei dem es zur Gefahr kommt, dass wir uns auf die Nerven gehen könnten oder einen langweilt. Ich glaube, dass man irgendwann über die Killerpilze sagen kann, dass sie ein Alleinstellungsmerkmal in Deutschland haben, insofern, dass es nie eine Ex-Teenie Band gegeben hat, die danach noch erfolgreich geblieben ist und weiter gemacht hat. Es geht auch manchmal darum, Tiefen zu überstehen und weiterzumachen. Ich hoffe einfach, dass uns viele Leute wohlwollend begegnen, unsere Musik abfeiern können und das wäre eine schöne Zukunftsvision. Ich glaube, da kommen wir auch hin.

HDIYL: Das klingt sehr realistisch aber auch nach ein paar Träumen, die man haben darf. Wir sind auch schon bei der letzten Frage des Interviews und die stelle ich Bands besonders gerne. Was ist momentan dein Lieblingsalbum oder Lied?

Jo: Lass mich mal kurz gedanklich meine Spotify Liste oder die Alben, die ich mir zuletzt gekauft habe, durchgehen. Das kann kurz dauern. Wen ich auf alle Fälle gerade, obwohl das untertrieben ist, seit Jahren total abfeiere und auch meine Lieblingsband sind, ist Mutemath. Die haben einen neuen Song „Changes“ draußen. Den finde ich fantastisch! Lieblingsalbum zurzeit wäre die neue Platte von MOTHXR, die läuft bei mir rauf und runter. Das neue Glass Animals Album finde ich auch noch sehr gut! Bruce Springsteen höre seit seinem Konzert hier in München auch wieder gerne.

HDIYL: Danke dir für deine Tipps und das Interview!!

Eine Anmerkung gibt es zu diesem langen Interview noch! Siehe mal einer an, die Killerpilze haben eine zweite Crowdfunding Kampagne gestartet. Und zwar möchten sie ihren eigenen Film drehen und realisieren. Passend zum 15 Jährigen Bandjubiläum soll der Film die letzten Jahre der Band zeigen. Wenn ihr mehr darüber erfahren wollt oder gleich die Killerpilze unterstützen wollt, dann gibt’s hier alle Infos dazu.

www.killerpilzeband.tumblr.com
www.facebook.com/killerpilze

/ Text: Matilda Pfeil / Bild: Pressefreigabe /