Gefragt: Samaris
Ende Juni hatten wir die Möglichkeit, ein paar Fragen an Samaris zu richten. Vom Stellenwert weiblicher Musikerinnen bis hin zu deutschen Autobahnen ging es um vielfältige Themen. Rede und Antwort standen dabei Jófríður & Áslaug (Þórður war leider verhindert).
HDIYL: Bitte empfehlt uns jeweils zwei Platten, die man hören sollte, bevor man stirbt. (Zusatzbedingung: ein Album muss aus Island sein).
Jófríður & Áslaug :
– Á bleikum náttkjólum (Megas)
HDIYL: Wie ist es vor einem Publikum zu spielen, das keinerlei Textbezug hat? Gibt es enorme Unterschiede bezüglich der Beziehung zum Publikum, wenn ihr die Auftritte hier mit denen in euerer Heimat vergleicht?
Jófríður: Du hast natürlich einen anderen Bezug, wenn du die Texte verstehst. Aber um ehrlich zu sein, hast du auch bei Instrumentalmusik allerlei Elemente die Emotionen und Bewegungen hervorrufen, dazu musst du keine Wörter verstehen, du musst es nur fühlen. Texte müssen nicht zwingend durch den Kopf, eher durch den Körper und dein Herz.
Áslaug: Ich habe das Gleiche Erlebnis, wenn ich mir französische Lieder anhöre und mitsinge, obwohl ich keinen Schimmer habem, worum es geht, aber ein gewisses Gefühl ist da.
HDIYL: Welche Frage wurde euch noch nie gestellt, obwohl ihr es euch insgeheim immer gewünscht habt.
Áslaug: Ich bin schon froh genug, wenn du keine Fragen über die Natur von Island stellst.
HDIYL: Ich hab keine Fragen über die isländische Landschaft auf meiner Liste. Diese Klischeehaftigkeit nervt euch also sehr?
Jófríður: Ja, das ist so ein stupides Klischee.
Áslaug: Und jetzt reden wir auch noch darüber!
Jófríður: Ich würde lieber über Frauen in der Musikwelt sprechen. Manchmal hasse ich es, darüber zu reden. Dennoch sehe ich eine Entwicklung in Bezug auf dieses Thema und finde es sehr wichtig, darüber zu sprechen. Wir haben vorhin erst drüber geredet. Wenn du Musik studierst, wird dir erstmal bewusst, wie viele weibliche Musikerinnen es gibt und immer gegeben hat.
Áslaug: Es gibt einfach eine enorme Anzahl an Platten und damit verbunden unentdeckte Künstlerinnen über die viel zu wenig geredet wird.
Jófríður: Aber ich glaube, es verändert sich, ich hoffe es zumindest, besonders in der klassischen Szene, und in diversen Hardcore-Szenen, werden gewisse Künstlerinnen wieder öfter aufgegriffen. Diese Pseudounterscheidung zwischen einem männlichen und einem weiblichen Gehirn nervt mich, das sind alles alte Rollenbilder, die überwunden werden müssen. Es geht nur um Kreativität und das Interesse für eine Sache, welches Geschlecht dahinter steht, sollte egal sein.
HDIYL: Aber leider wird das wahrscheinlich noch ein bisschen dauern, gewisse Geschlechterrollen über Bord zu werfen.
Áslaug: Immerhin verändert es sich jetzt schon teilweise stark.
HDIYL: Wie würdet ihr das globale Leben auf dieser Erde in den letzten zehn Jahren mit nur drei Wörtern beschreiben.
Áslaug: Komisch.
Jófríður: In einer gewissen Art rassistisch.
Áslaug: Ich denke wir haben nicht mal das Vokabular für drei Wörter.
Jófríður: Ich glaube, ich lass das lieber mit dem ,,Rassismus’’ und nehme Angst, Angst vor Veränderung. Aber die Frage bringt uns, glaube ich, echt in Verlegenheit.
Áslaug: Nehmen wir noch Angespannt.
HDIYL: Was war eure schönste und schlimmste Erfahrung in Deutschland?
Jófríður: Die Natur.
HDIYL: Am schlimmsten oder schönsten?
Jófríður: Am schönsten! Deutschland ist wirklich sehr idyllisch!
HDIYL: Vielleicht auch nur ein Klischee.
Áslaug: Vielleicht. Aber besonders die Landstraßen sind wunderschön, vergleichsweise schlimm ist die Autobahn, nach ein paar Minuten gibt es nichts, das langweiliger ist, besonders wenn man die Landschaft kaum sieht. Alles ist nur noch grau.
Das neue Album Black Lights erschien am 10.06. und ist mehr als hörenswert! (Allerdings erstmals ohne isländische Wortschöpfungen)
/ Text: Leo Zimmermann / Bilder: Roman Gossmann /
