Meinung

Kochen für ein neues Wir: Refukitchen

Rund zwanzig Menschen sitzen an einer langen Tafel, unterhalten sich vergnügt. Leckere Düfte liegen über dem Raum wie die gute Laune, die bei allen herrscht. Ein ganz normales Abendessen? Gewissermaßen. Aber eigentlich auch wieder nicht. Denn was hier stattfindet, ist ein Kochabend des neuen Projektes „Refukitchen“ der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) Nürnberg, das unter dem Motto „Kochen für ein neues Wir“ Menschen verschiedenster Herkunft zusammenbringen und vor allem solchen ferner Herkunft das Leben in Deutschland und Nürnberg erleichtern möchte.

Bereits seit Ende 2010, erzählt Carmen Trautner, habe die ESG das Projekt „Warteschleife“ ins Leben gerufen. In Kooperation beispielsweise mit der Stadtmission habe man für in Nürnberg gestrandete Flüchtlinge Sprachkurse angeboten oder Kinderbetreuung, Stadtführungen gemacht oder kulturelle Angebote wie das Bardentreffen oder Klassik Openair besucht. Und gekocht. „Ende 2014“, erzählt die 28-jährige promovierende Religionswissenschaftlerin, „ist uns das alles gewissermaßen zu viel geworden, wir waren so irrsinnig breit aufgestellt.“ Sie habe gemeinsam mit Hochschulpfarrerin Kerstin Voges über einen Fokus nachgedacht. Und den in Anlehnung an das kurz zuvor publik gewordene Berliner Projekt „Über den Tellerrand kochen“ gefunden. Dessen Philosophie: das Schaffen eines „neuen Miteinander zwischen Flüchtlingen und Beheimateten, in dem Diversität und gegenseitige Akzeptanz selbstverständlich sind und Integration Spaß macht.“ Seit Anfang 2015 gibt es so ein Projekt nun also auch in Nürnberg. Weil man „über essen zusammenkommt“, findet Carmen Trautner, und weil sich „eine unkomplizierte Möglichkeit eines Austausches ergibt.“ Ja, klar!

Wir alle essen, wir alle kochen. Aber wir haben unterschiedliche Küche, Zutaten, Worte, über die man sich austauschen kann und darüber einen leichteren Zugang zu anderen Themen findet. So auch bei dem Kochabend, der in den Räumen der ESG in der Leipziger Straße stattfindet. Man plaudert, das hier ist Auberginenpaste, das andere Hummus, wie hast du das gemacht, wie kriegst du denn den Reis so toll hin und wie lange bist du überhaupt schon in Deutschland?, so geht das. Die „Refukitchen“ fußt derzeit auf drei Säulen. Da ist zum einen, erzählt Salad Abdirashid (18 Jahre, Teammitglied für Öffentlichkeitsarbeit und Netzwerken), der Kochabend. Ein Team aus Köchinnen und Köchen bereitet gemeinsam ein länderspezifisches Abendessen zu, „je nach Budget, das sich aus Spenden der ESG oder der Ehrenamtlichen wie auch anderen Gästen zusammensetzt“, erzählt Salad Abdirashid. Davor gehen alle gemeinsam einkaufen und planen und kochen.

Wer mitmachen möchte, braucht sich nur zu melden. Jeder, der mag, auch wenn’s unter Umständen ganz schön kuschlig wird in der winzigen Küche und dem überschaubaren Raum, aber kennenlernen, das möchte man sich ja eh. Ein weiteres Angebot ist das sogenannte „Koch-Team“, eine Art Partnerschaft eher. „Wenn sich jemand überlegt, er oder sie würde gerne was mit Flüchtlingen machen, weiß aber nicht so recht, was, dann können wir als Türöffner funktionieren, Kontakte vermitteln, auch in die Unterkünfte, in die geht man ja jetzt auch nicht einfach so rein“, und dann liegt, auch hier, der Fokus auf dem gemeinsamen Kochen. Und dem, was sich daraus vielleicht entwickelt. Mögliche Kochpartner werden eingeladen, sich gegenseitig kennenzulernen, um anschließend, später, bei Sympathie, gemeinsam zu kochen in den eigenen vier Wänden, „das hat ja auch den tollen Vorteil, dass die Menschen neue private Kontexte kennenlernen“, sagt Carmen Trautner. Die dritte Säule ist die der Kochkurse ähnlich den bei der Volkshochschule angebotenen. Köche aus dem Iran, Afghanistan, Äthiopien oder Syrien bieten Kurse an, zeigen, wie das geht mit der Länderküche, erklären fremde Gewürze und neue Zubereitungsarten.

Dafür braucht es aber noch finanzielle Förderung. Unser Ziel lautet: „Refukitchen will ein Begegnungsraum sein, der keinem einen Status zuweist. Eine Begegnung aller auf Augenhöhe durch das gemeinsame Kochen“, sagt Carmen Trautner. „Jeder von uns will neue Menschen kennen lernen und dadurch neue kulturelle Eindrücke aufnehmen, um unsere Wahrnehmung zu erweitern. Bei Refukitchen wird jedem der Raum geboten sich aktiv zu beteiligen durch Kochwissen, Ideen oder andere Qualifikationen damit unser gemeinsames Projekt und somit unsere Vision von einem gemeinsamen Wir in Nürnberg wachsen kann.“

Infos und Termine http://refukitchen.de/

 

// Text + Bild: Katharina Wasmeier //