Konzertbericht: Bonaparte
Unser Gast-Autor Leo war am Montag bei Bonaparte im E-Werk und hat einiges erlebt …
Bonaparte erreicht einen neuen Ekstase-Status
Mit dem neuen Album von Bonaparte schlagen Tobias Jundt und der Rest seiner Zirkustruppe ruhigere Töne an. Doch ist dies ein Grund zur Trauer? Mitnichten.
Wobei – ein wenig melancholisch ist das ganze schon, denn früher stolzierte man auf einem Konzert von Bonaparte von Song-Rausch zu Song-Rausch. Jetzt allerdings bekommt man ein paar Atempausen gesponsort. Es geht hier also nicht um die Qualität der einzelnen Lieder des neuen Albums, sondern den Sog, den Bonaparte bei ihren früheren Live-Shows kontinuierlich entwickelten. Dieser Sog ist nach wie vor vorhanden, allerdings wird er nun stellenweise etwas gelockert. Eine Analogie dazu bietet auch der Verzicht auf die Schminke und die Kostümierung der Hauptakteure, das heißt, wir haben es mit einem subtilen Verzicht von Ekstase und Intensität zu tun, bekommen im Gegenzug aber mehr Realität auf die Augen geklopft.
Die gewonnene Ruhe bietet dafür auch ein wenig mehr Platz zur Selbstreflexion über Song-Themen wie die „Selfie-Generation“. In dem Video „me so selfie“ mit Tim Fite – der übrigens auch die Rolle der Vorband übernahm – werden die Selfie-Maniacs total ad absurdum geführt. In diesem Clip macht Thomas Jundt ein Selfie, während er seine Finger in ein Glas mit Marmelade steckt und posaunt dabei: „Watch me, how I touch my jelly“ und ergänzt später im Refrain: „Aw, yeah. me so selfie. I’m so sweet I could eat my selfie“. Derart absurde und subversive Szenarien wurden dann auch in Erlangen gleich zu Beginn aufgefahren. Denn zunächst spielte die Band erstmal hinter drei Spiegeln, die quasi als Selfie-Vorlage dienten. Ob alle Konzertbesucher die vehemente Kritik an dem Ego-Kult aufgenommen haben? Ich denke, glaube oder hoffe schon.
/ Leo Zimmermann /