Konzertbericht: Chilly Gonzales im Gewandhaus, Leipzig
Chilly Gonzales, der Kanadier mit dem charmanten französisch klingenden Akzent oder der sagenhaft gut spielende Pianist. Mir würden noch sehr viele Eigenschaften für ihn einfallen, doch ich belasse es bei diesen beiden.
Dieses Ostern stand unter dem Motto „Kultur“. Das gestrige Konzert wurde als Anlass genommen, um einmal eben Chilly Gonzales live zu sehen, vor allem wie er die Tasten eines Flügels spielt und Leipzig zu erkunden. Wie schön ist bitte diese Stadt? Architekturfans kommen hier ganz auf ihre Kosten. Auch im Gewandhaus, wo das Konzert statt fand.
Passend zum Musiker, der immer in Pantoffeln und Bademantel die Bühne betritt, trug ich gestern auch meinen Bademantel ähnlichen Wollmantel. Überhaupt wurde sich aufgebrezelt. Dem Anlass entsprechend, für das Gewandhaus und für Chilly.
Saß man erst mal auf diesen wahnsinnig bequemen roten Sesseln, stellte sich der Körper schon von alleine darauf ein, der Musik zu lauschen. So ging es mir jedenfalls. Das Licht wurde gedimmt, Chilly betrat die Bühne und Spotlight auf die Tasten. Sie waren das einzige im Raum, was man für ein paar Minuten sah. Ganz magisch war es, als man Chilly’s Hände sah und die Töne hörte. Die ersten Lieder, passt das Wort überhaupt oder sagt man eher Stücke, ratterte noch der Kopf, doch je länger Chilly spielte, desto ruhiger wurde es. Das Publikum war von Anfang an in Klatsch- und Jubellaune und als Chilly Gonzales dann endlich mit uns sprach, jubelte auch der letzte im Saal.
So wie man ihn von Auftritten beim Neo Magazin Royale, bei Fest & Flauschig oder bei 1Live kennt, so ist er auch auf der Bühne. Er erzählt von seinem Idol Bach, davon dass Drake ein Stück von ihm auf seinem Debütalbum nutze, ohne ihn zu fragen. Er jetzt aber stolz darauf ist, dass er nun zum Jubiläum von Drakes Debüt als Feature in allen Stores steht. Hip Hop ist überhaupt seine Leidenschaft. Ob im Gewandhaus vorher schon mal gerappt wurde? Und faszinierend, dass es für einen guten Hip Hop Track / Stück nur ein Chello, ein Schlagzeug und einen Flügel braucht. Gut Rappen können andere besser, doch er ist einem grundsympathisch. Er erzählt von seinen Erlebnissen, seitdem er in Deutschland wohnt und von seinem Lieblingswort „sehr“. Es klingt wie „Yeah“ und das wird ja im Hip Hop inflationär benutzt. Was macht Chilly Gonzales? Er schreibt ein Stück über „sehr“ und benutzt es anstelle des obligatorischen „yeah“.
Oder weil er auch Popsongs mag und das Klavier begrenzt ist, was den Klang und Dauer der Töne betrifft ist, schrieb er einen Popsong für Chello und Klavier. Ratet mal, wie der heißt. Genau, Chello Gonzales. Auf den Namen ist er nicht mehr ganz so stolz.
Die Zeit verging wie im Flug und als Zugabe machte er mit uns das Experiment, dass wir doch 4:33 Minuten schweigen sollten. Spoiler: hat nicht funktioniert. Chilly, die Cellisten und der Schlagzeiger saßen ruhig hinter ihren Instrumenten und das Publikum klatschte, jubelte, und zischte vor sich hin. Ob das Experiment ein voller Erfolg war? Ich weiß es nicht. Was ich aber weiß – es war ein fabelhafter Abend. Die Akustik in einem Konzertsaal ist noch mal eine ganz andere, als die in einem Club. So klar hörte ich die Töne, wie schon lange nicht mehr. Die Stimmung war ganz ausgelassen und zwischendurch kicherte man ganz leise über die Anekdoten. Der krönende Abschluss für die kulturellen Ostertage.
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/ Text: Matilda Pfeil / Bild: Alexandre Isard /