Nachbericht: Torstraßenfestival 2019
Die Ankunft am Rosa-Luxemburg Platz schien zunächst surreal. Es dröhnten dichte Bässe den U-Bahn Schacht herunter. Oben angekommen; Tanzdemo. Wir haben Eigenbedarf. Ein Musiklaster stoppte. Kurze Rede. Tanzfortsetzung. Nebenbei fragt mich Roman: ,,Kennst du noch jemanden der ein WG-Zimmer frei hat?’’ Realitätsflucht zur Volksbühne. Wir streiften über den Independent Label Market. Persönlicher Beginn im Grünen Salon mit roter Beleuchtung. Kate NV erzeugte mit viel Geschirr und Looping Station diverse Klangexperimente.
Wir spalten uns. Ein Teil zu CTM, eine Komponistin aus Dänemark. Ihr Album Red Dragon erschien zuletzt beim Avantgarde-Label Posh Isolation. Wir lauschten und fielen in eine positive emotionale Schockstarre. Der andere Teil besuchte Holiday Sidewinder im Roten Salon. Die Sängerin leckte Beine der Zuschauer, lag auf dem Boden, hatte ein Popstar Mikrofon und strahlte freudig umher.
Es folgte auf der Hauptbühne the Chap. Die Band betonte ständig ihr Alter: wir sind alt! Jetzt kommt ein neuer Song, wir sind sehr alt! Wir sind am ältesten! Die Räumlichkeiten waren hervorragend für alte Menschen, schließlich ist im Hauptsaal der Volksbühne alles bestuhlt. Ehrlich gesagt, hat man in den letzten Jahren schon weniger energetische Konzerte von Bands im fast gleichen Alter gesehen. Hallo Bonap! Stimmt, die Mitglieder von the Chap sind doch etwas älter.
Wenig später nahmen wir die Sitzgelegenheit bei Duendita zeitweilig doch wahr. Stichwort Alter? Auf Platte verhallte die Stimme schnell als netter Hintergrund-Elevator-Song. Auf der Bühne wurden die bisherigen Einschätzungen augenblicklich torpediert, auch die Resonanz im Publikum war durchweg euphorisch.
Zuletzt wieder Roter Salon. Bea1991. Bea sprühte vor Coolness und winkte mit ihrem riesigen beigen Anzug dem Berliner-Volksbühne-Uniformitätschic von oben zu. Kurz vor dem Auftritt wies sie darauf hin, dass der Gesang gerade Teil des Soundchecks ist und als sie aufgefordert wurde Happy Birthday für jemanden auf deutsch zu singen, sagte sie nur: deutsch isn’t sexy. Die Bühne verschenkte sie an die Fans und tanzte die Hälfte der Zeit lieber im Publikum.
Das Torstraßenfestival hatte die Livequalität der Bands scheinbar überdurchschnittlich einkalkuliert. Wir waren überdurchschnittlich angetan!
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/ Text: Leo Zimmermann Bild: Rojin Namer & Leo Zimmermann /