Live / REIN & RAUS

Konzertbericht: Foreign Diplomats

Fiktion: 2002, Montreal, Quebec, Kanada, irgendein Viertel, irgendeine Kneipe, kleine Bühne, ein paar Menschen stehen mit ein paar Instrumenten auf dieser kleinen Bühne, ein paar Menschen stehen mit ein paar Getränken davor. Die Band auf der Bühne beginnt zu spielen. Die Gespräche verstummen, die Münder bleiben offen. Gerade noch hatte man was zu seinem Nebenmann gesagt, jetzt hat man was zum Staunen. Irgendwas passiert. In diesem Raum, mit dieser Band, mit diesen Menschen. Der Name der Band: Arcade Fire.

Wahrheit: Die Foreign Diplomats haben sich ebenfalls Montreal, Quebec, Kanada als Lebensmittelpunkt erkoren. Vor etwa acht Jahren spielten sie wahrscheinlich auch in Kneipen. Dann landeten sie sowohl bei Indica Records (u.a. Phantogram, Half Moon Run) als auch mit „Queens + Kings“ einen kleinen Hit.

„Charger“ heißt nun die Singleauskopplung aus ihrem zweiten Album „Monami“. Die werden sie am Tag nach ihrem Gig in Nürnberg bei ZDF Aspekte live spielen. Schätzungsweise wird sich das auf die Besucherzahlen der Gigs danach auswirken. Die etwa 50 Menschen, die sich im Nürnberger Club Stereo versammelten, hatten also zum einen das Privileg der Prä-Hype-Hyper-Ära. Zum zweiten war es eine irgendwie kneipenähnliche Situation, als die Vorband The Kiez um Punkt 20:00 Uhr die Bühne betrat. Alle an der Bar, alle am labern, am trinken, am sich darauf freuen, dass es nach überstandener Sommerpause endlich wieder mit der Livemusik losging im charmanten Klaragassen-Kellerclub. Das mit diesen Tresen-Plaudereien änderte sich aber. Der eingängige Indierock des deutsch-amerikanischen Trios um den Ex-Eagle-Seagull-Sänger Eli Mardock lockte zur Bühne, wusste zu gefallen, wirkte aber teils auch ein wenig gefällig.

Kurze Umbaupause, dann die Foreign Diplomats. Zum zweiten Mal kamen die Menschen von der Bar zur Bühne. Nun blieben die Münder vollständig geöffnet. Man muss vielleicht wissen, das Sänger + Gitarrist Elie Raymond mal Operngesang studiert hat und auch deshalb über ein ausgezeichnetes Stimmorgan verfügt. Und mann muss vielleicht auch wissen, dass seine Band für ihre energetischen, ehrlichen Liveshows bekannt ist. Und man muss vielleicht wissen, dass die Foreign Diplomats schon seit dem Konzert-Vortag in der Stadt sind und ihren Offday unter anderem auf dem Albrecht-Dürer-Platz vor dem Wanderer und in Flo Seyberth´s (Boozoo Bajou) Weinstelle verbracht haben. Ja genau, es hat irgendwie alles gepasst. Eine Stunde lang schlackerten allen Anwesenden Herz und Tanzbein, dass es eine Freude war. Als dann im Zugabenblock auch noch ein Parcels-esker Indiefunk-Jam mit Posaune kam, wurde für Nürnberger Verhältnisse sogar richtig ausgeflippt.

Vision: Zu 50% haben Foreign Diplomats Glück und werden in den nächsten 2 Jahren verdientermaßen riesig. Zu 50% haben sie Pech und bleiben wer sie sind: eine grandiose Kneipenband.

/ Text & Bild: GWIB /