Nachbericht: MS Dockville 2017
Wir waren auch dieses Jahr wieder in Hamburg auf einem unserer Lieblingsfesitvals, dem MS Dockville. Hier unsere zweierlei (Jens, gueswhoisbad) Eindrücke:
JENS
Dockville also wieder. Ich muss ja zugeben, das ich in den letzten Jahren die großen Festivals leider etwas vernachlässigt hab. Das letzte Southside schon wieder 4 Jahre her, Melt 3 Jahre, Sziget gar 6 Jahre und auch mein letzter Besuch vom Dockville liegt schon wieder 3 Jahre zurück. Jedes Jahr nehm ich mir vor, endlich mal wieder alle großen zu besuchen und es sind dann doch immer nur die „kleineren“ geworden, wie Eurosonic oder Reeperbahnfestival. Von RIP red ich gar nicht, da es um die Ecke liegt, ist da der Besuch jedes Jahr fest eingeplant. Wenn das nicht in Nürnberg wäre, würde ich wahrscheinlich nie hinfahren. Na gut. Dieses Jahr musste Dockville wieder dran glauben. Das Line-Up war ziemlich überzeugend. Flume, Moderat, Roosevelt, SOHN, Mura Masa, Rampue… Vom Charme vom Gelände ganz zu schweigen. Nur das Wetter ist in Hamburg immer gefährlich, und auch für dieses Wochenende war Regen und sogar Sturm vorhergesagt. Aber so schlimm sollte es gar nicht werden…
Freitag Nachmittag angekommen, ins Hotel eingecheckt (nein: zum Campen sind wir zu verwöhnt und vor allem zu alt), kurz was gegessen und dann direkt ins Taxi zum Gelände. Gegen 17 Uhr hatten wir unsere Bändchen und sind durch alle Kontrollen durch. Der Weg vom Eingang führt direkt am „Maschinenraum“ vorbei (die Bühnen und Floors beim Dockville haben alle sehr schöne und ungewohnte Namen: Grossschot, Vorschot, Maschinenraum, Butterland, Nest, Klüse, Tiefland, Tentakel, 40FTDISKO…). Während unserer Ankunft spielten gerade Acid Arab. Elektronische Musik mit arabischen Einflüssen. Ich fands ganz nett. War die perfekte Begrüßung für ein ganzes Wochenende großartiger und vielseitiger Musik. Währenddessen wurde der erste Cocktail-Stand angesteuert… Ich muss zugeben, das ich mir gar nicht soo viele Bands angesehen habe, wie sie es wahrscheinlich verdient hätten. Ich hab mich lieber ein bischen treiben lassen und die verschiedenen kleineren DJ-Floors angepeilt, die teilweise echt gut versteckt waren, um nicht unter Zeitdruck von einem Gig zum nächsten zu hetzen. Nach Acid Arab hab ich mir ein bischen was von Mädness & Döll angesehen, um, leider, zuhausegebliebenen Fans einen kleinen Eindruck in Form von Bild- und Videomaterial zu verschaffen. Das gleiche hab ich danach bei SSIO gemacht. die mir aber erheblich besser gefallen haben und Live ein bischen an die früheren KIZ erinnert haben. Mich zumindest. Dem Hype folgend gings dann zu den Yung Hurn, die aber tatsächlich das schlechteste waren, was ich das ganze WE gesehen und gehört hab. Nach 10 min und der gestorbenen Hoffnung, das es besser wird, hab ich den Auftritt fluchtartig verlassen und hab mir lieber noch ein bischen was von Oliver Schories angehört bevors zum, für mich, Highlight des Tages auf die Hauptbühne ging: Flume. Die Licht-Show war der Wahnsinn! Das beste was ich am ganzen WE gesehen hab. Unfassbar. Die Musik… Naja. Ein paar Sachen gefallen mir schon sehr gut. Ein paar allerdings auch nicht. Aber im großen und ganzen wars ein spitzen Konzert.
Danach versucht meine Begleitungen zu finden, die sich aber, wie sich ne Stunde später rausstellte, auf polnische Art und Weise Richtung Hotel verabschiedet haben. Gut. Dann eben alleine ein bischen den Klängen von King Kong Kicks gelauscht und zum Abschluss zum zweiten Highlight des Tages, und für mich einer der Hauptgründe mit nach Hamburg zu fahren: Rampue. Seinen Sets zu folgen ist für mich immer wie ein Rausch, und trotz Müdigkeit musste ich mir das ansehen bzw. anhören. Und natürlich war es phantastisch. Dann gings auch zurück auf die Reeperbahn ins Hotel und es wurde geschlafen. Lang geschlafen…
Den zweiten Tag bin ich etwas entspannter angegangen. Lang geschlafen, ausgiebig gefrühstückt und dann erstmal noch ein bischen Shoppen und Sighseeing in Hamburg. Auf dem Gelände war ich dann erst pünktlich zu Gurr gegen 20:30 Uhr. Die Damen kommen ja dieses Jahr auch noch nach Nürnberg zu Nbg.Pop und ich wollt mir da schonmal einen ersten Live-Eindruck verschaffen. Gut wars. Da könnt ihr euch alle freuen auf den 28.10. Danach gings zu den Glass Animals, die solide abgeliefert haben.
Und dann, ja, dann gabs die erste schwierige Entscheidung zu treffen. Entweder Moderat oder Mura Masa. Leider haben beide gleichzeitig gespielt und auf beide hab ich mich sehr gefreut. Eigentlich sollte Mura Masa am Freitag spielen, aber der Timetable wurde kurzfristig geändert und so musste ich eine harte Entscheidung treffen die am Ende zu gunsten von Moderat ausfiel. Einfach, weil ich dachte das man Mura Masa in Zukunft bestimmt noch sehr häufig auf irgenwelchen Festivals antreffen wird und ich mir bei Moderat da nicht so sicher war. Und Moderat haben ein großartiges Konzert gespielt. Bereut hab ich das auf keinen Fall, auch, wenn ich von befreundeten Nürnbergern, die sich für Mura Masa entschieden haben, gehört habe, das auch dieses Konzert phantastisch gewesen sein muss. Hol ich nach. Ganz sicher! Das Konzert von Moderat hat von der Show nicht ganz an Flume rangereicht, dafür war die Musik durchgehend phantastisch. Nach Moderat gings schon wieder weg vom Gelände und der neueröffnete Goldene Pudel am Hafen wurde besucht. Schön, das diese Clubinstutition wieder da ist!
Am letzten Tag war dann plötzlich die Sonne da. Freitag war ziemlich verregnet, Samstag teilweise, Sonntag wars schön. Endlich! Nach ausgiebigem Flanieren und entspannen, gings dann zu den Mighty Oaks, die allerdings fast zeitgleich mit Roosevelt spielten, deshalb hab ich da nur die ersten 15 min gesehen. Das war, wie gewohnt, sehr gut. Im Eilschritt gings dann zum Vorschot, wo die beiden letzten Konzerte des Wochenendes auf mich warteten. Erst Roosevelt, der ja vor kurzem erst im Club Stereo spielte. Und das war, wie gehabt, phantastisch. Ich bin ja ein großer Fan des jungen Manns aus Viersen. Das ist bereits mein drittes Konzert innerhalb von knapp 12 Monaten. Und er hat, wie gewohnt, perfekt abgeliefert.
Direkt im Anschluss dann der Künstler, auf den ich mich am meisten gefreut habe: SOHN. Und passenderweise war das mit auch der perfekte Abschluss für ein großartiges Wochenende. Das ganze Konzert über durchgehend Gänsehaut. Wahnsinns Show und großartige Musik. Besser gehts nicht!
Das wars mit dem diesjährigen Dockville für mich. Montag gings wieder zurück nach Hause. Schön wars wieder! Auch wenn, womit man in Hamburg immer rechnen muss, das Wetter nicht optimal für ein Festival war. Aber die Organisatoren sind vorbildlich damit umgegangen und generell war das Festival großartig geplant und durchorganisiert. Man merkt definitv, wieviel Liebe drinsteckt. Überall gibts was zu entdecken und bestaunen. Wir kommen mit Sicherheit bald wieder!
Danke an Stefan, Bianca und Deniz!
guesswhoisbad:
VORNEWEG:
Drei Tage Dockville, auch 2017 eine runde Sache. Immer wieder aufs Neue Pluspunkte gibt es für das weitläufige, wunderschön dekorierte Festivalgelände. Das macht echt: Spaß. Des Weiteren sei angemerkt, dass erstens das Wetter um Längen besser war als vorhergesagt, zweitens das Festivalessen inzwischen schätzungsweise dank der ganzen Foodtruckwelle auch bei größeren Open Air Festivals durchaus akzeptabel ist und drittens der Shuttlebusservice reibungslos funktioniert hat. Danke dafür. Und ein besonderer Dank an den Deniz. Der weiß schon warum…
FREITAG:
Acid Arab: Hoch gehandelt, nicht viel dahinter außer einem zu frühen Slot (16:40) und einem Arab-Techno-DJ-Set, das einfach nicht mehr war als – eben – ein DJ-Set. Bisschen ratlos ob des Hypes, der hier vorwärts getrieben wird.
Voodoo Jürgens: Der österreichische Kaffeehaus-Hippie zeigte sich auf charmant-chaotischen Butterland von seiner besten Seite, so dass er auch von den sicherlich noch weniger als wir Franken verstehenden Norddeutschen Festivalgästen frenetisch abgefeiert wurde. Zu Recht.
Giant Rooks: Die fünf Freunde aus Hamm haben den sehr gut frequentierten Vorschot im Griff und zelebrieren ihren selbst betitelten Art-Pop für Histper & Festival-Hippies, wie er sich gehört. Von den bisher 3 Giant Rooks Konzerten, die ich gesehen habe das mit Abstand beste.
Amber Run: Poah. Ein Hauch von U2 der Post-Zooropa-Ära trifft auf einen Hauch Nickelback. Gut gesungen ist es aber. Trotzdem: Zeit für die erste Festival Falafel. Die war um einiges besser.
Yung Hurn: Was haben wir bloß falsch gemacht, das wir so etwas ertragen müssen? Eine grottenschlechte Show von grottenschlecht gelaunten Künstlern. Oder gehört das zu ihrer Attitude? Weil die sich je eigentlich selbst persiflieren, die Kids aber trotzdem durchdrehen und auch das allerletzte Gegröle oder auch den rein gefahrenen Gigi D´Agostino Ballermann-Electro abfeiern als ob es keinen Morgen gäbe. Meine Fresse.
Alex Vargas: Der dänische Electro-Soul-Pop-Newcomer könnte wenn er so weiter macht, schnell zum Durchbrenner werden. Trotz ein zwei Pathos-Baladen zwischenrein ein Volltreffer. Und ein toll gesungener obendrauf.
Flume: Schon eine geile Show. Aber eben eine Show. Was da außer einer wirklich großartigen Visualisierung passiert… who knows.
SAMSTAG:
Junius Meyvant: Leider erst zum Schluss des Auftrittes des isländischen Retro-Funk-Folk-Pop-Künstlers aufs Festivalgelände gekommen. Aber alleine der war schon wirklich ausgezeichnet. Und die Sonne kam raus – ebenfalls amtlich.
Razz: Die jungen wilden aus dem Emsland hatten gute Laune und das spürte man, zum Finale beim Hit „Youth & Enjoyment“ wollte man sogar mitsingen. Fast. Die Vorfreude aufs bald erscheinende neue Album ist mit diesem Auftritt definitiv um Einiges gestiegen.
Depresno: Der junge Electronica-Songwriter schaut eigentlich wie ein irischer Kneipenstammgast aus, kommt aber – wie Kings of Convenience oder Röyksopp – aus Bergen und navigiert sein Publikum mit einer sanften aber bestimmten Darbietung und viel sonniger Ausstrahlung in allerbeste Laune und verdammt viel Applaus. Auf jeden Fall einer der diesjährigen Festival-Höhepunkte.
James Vincent McMorrow: Aus dem ehemaligen Folk-Jung ist ein veritabler Pop-Künstler geworden, der die rappelvolle Hauptbühne des Festivals spielerisch mitnimmt und mit 5-stimmigem Bandgesang zusätzlich zu betören weiß. Wer kann, der kann.
La Femme: Leider nicht ganz viel von dem Konzert gesehen wegen einem kurzen aber heftigen Regenschauer, aber das was ich vom 60s-psychedelic-lastige Krautbeat der Franzosen mitbekam (3einhalb Songs) klang live sehr kraftvoll und besser als auf Platte dargeboten.
Oh Wonder: Electro-Pop, wie es dieser Tage hip & häufig ist, prima aufgeführt.
Sofie Tukker: Teils etwas gefährlich nah am Ballermann-Latinelectro, aber jederzeit die Grätsche gekriegt und den ziemlich vollen Maschinenraum schon auch gut auseinander genommen.
Glass Animals: Einfach eine tolle Liveband, voraus gesetzt man erträgt den wirklich unfassbar hibbeligen Dave Barely. Dem fehlt es eigentlich nur noch, dass er sich bei der allerruhigsten Nummer nach einem heftigen Stagedive einmal quer durchs Publikum tragen lässt, um dann erneut heftig zu stagediven.
Moderat: Muss man mal gesehen haben.
SONNTAG:
Die Höchste Eisenbahn: Ach ja, geht schon so. Ein zwei Songs gefallen, ein zwei nicht so. Irgendwas stimmt da. Irgendwas stimmt da nicht.
Beach Fossils: Wenn eine Band, die ausschaut wie eine Horde übelst schlechtgelaunter Hardcore- & Metaltypen mit bestem Lofi-Dreampop daher kommt, dann kann das nur eines: Spaß machen. Richtig Spaß machen.
Palace: Waren nix.
Roosevelt: Man könnte einer Roosevelt-Show – bei 99% angekommen – vielleicht die eine oder andere organische Komponente absprechen, die das Konzert nicht zu bieten hat. Man könnte aber auch einfach auf 110% gehen und von Anfang bis Ende durchtanzen. Es ist einfach zu gut, scheiß auf 1% (11%).
SOHN: Wie auch immer das die Dockville-Dramaturgen hinbekommen haben, das Beste kam zum Schluss. Und ich hatte mein Trouble Over Tokyo Shirt an. SOHN spielte ein unglaublich intensives Set, spätestes mit „The Wheel“, das gegen Ende des ersten Drittels kam, hatte er auch den letzten Zweifler im Griff und setzte seinem von einer nicht minder fantastischen Band begleiteten Auftritt mit Tempo, House, Noise und ganz viel Soul umso mehr Krone auf je länger er dauerte. Großartig!
// Text & Bilder: Jens Riedel / guesswhoisbad //