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Man macht sich nackter mit einfachen Ideen – Maffai im Interview

Man spanne ein großes Feld zwischen Indie und Post Punk auf und gebe eine Prise Dark Wave, NDW und Pop hinzu. Mit dieser Rezeptur jonglieren Maffai aus Nürnberg – und das recht gekonnt! Vor gut drei Jahren hat sich das Quartett zusammengefunden und bereits kurze Zeit später eine Vinyl-Single mit vier Songs veröffentlicht, die ihnen prompt einen Plattenvertrag mit Kidnap Music und einen Deal mit Audiolith Booking eingebracht hat. Auch ihr gefeiertes Debütalbum Zen hat nicht lange auf sich warten lassen. Am 06. August erscheint ihr zweites Album Shiver. Wir haben es uns mit dem Bassisten Daniel, Sänger und Gitarristen Mike und Drummer Jan im Z-Bau-Biergarten gemütlich gemacht und über ihr neues Album gesprochen.

Anderthalb Jahre nach eurem gefeierten Debüt Zen erscheint nun Shiver. Respekt! Klar hat euch die Pandemie Zeit für neue Songs gegeben, aber hat auch der Erfolg der ersten Platte euren kreativen Output etwas befeuert?

Daniel: „Gefeiertes Debüt“ muss man in Relation sehen, aber natürlich will man nachliefern, wenn man merkt, dass es Leuten gefällt. Wir haben einfach probiert, gar nicht aus dem Schreiben herauszukommen und nahtlos nach der letzten Platte weiterzumachen. Anders als bei anderen Bands, die erst proben und dann ins Studio gehen, haben wir die Möglichkeit, bei unserem Drummer Jan zu recorden und Ideen direkt festzuhalten. Eigentlich war der Plan, ein kleines Release zu machen, also eine Doppel-Single oder eine EP. In der Pandemie war dann viel Zeit und neben Jan, der im Homerecording sowieso ziemlich fit ist, ist der Rest von uns auch auf die Idee gekommen, mal ein Interface zuhause anzuschließen und selbst zuhause Ideen festzuhalten. Wir hatten wahnsinnig viele Songs, von denen Mike fast 20 eingesungen hat. Die haben wir auf die elf Songs runtergepickt und auf der Bonus 7inch zu Shiver sind nochmal zwei weitere Songs drauf.

Lief beim zweiten Album trotz des konstanten Songwritings trotzdem etwas anders als bei eurem Debütalbum Zen?

Jan: Wir haben dieses Mal mehr mit echten Drum Recordings gearbeitet und da nochmal mehr Aufwand betrieben.

Daniel: Durch die lange Zeit haben wir die Songs auch mehr ruhen lassen und nochmal darüber nachgedacht. Gerade Jan lässt einen Song wirklich mal zwei Wochen liegen und zerpflückt ihn dann nochmal. Ich selbst hätte die Songs vielleicht schon so abgegeben, aber im Nachhinein haben viele Songs davon profitiert, dass wir sie nicht gleich rausgehauen haben. Down ist so ein Song, der erst total anders klang. Jan wollte dann das Feeling der Hook schon von Anfang an vermitteln und hat ihn nochmal angepackt. Das hätten wir nicht gemacht, wenn die Pandemie nicht gewesen wäre.

Daniel, du schreibst die meisten Texte der Band. Wie kommst du zu den Texten?

Daniel: Ich notiere mir immer total viele Zeilen. Eine Zeile habe ich konkret hier im Z-Bau eingesammelt auf einem Konzert, bei dem ich alleine war. An der Bar hat jemand aus dem Medizin-Bereich einem anderen etwas erklärt: „Das Herz liegt so schief da drin und wenn du dir mal an der Hauptschlagader entlang fährst…“. Ich habe mir dann notiert „Hauptschlagader entlang, mein Herz in Schieflage“. Das war dann der ursprüngliche Text für Schieflage, der dann nochmal ein bisschen umgestellt wurde und zu dem dann das Instrumental von Jan dazu kam.

Fahr mir die Halsschlagader entlang,
den Kopf in Schieflage.
Tu immer das, was ich nicht kann.
Den Kopf in Schieflage. – Schieflage

Es gibt so manche Songs, wie Corner Kids, bei denen das Instrumental zuerst da ist. Mein Bruder und ich fanden, dass das Instrumental nach Coming of Age und Road Trip klingt. Ab dann war klar, dass das auch ein Coming of Age-Song wird. Ich gehe dann mein Doc auf meinem PC durch, in das ich alle möglichen Lines gespeichert habe, und stöpsel den Text zusammen. Und um das noch zu ergänzen: Ich schreibe alle Songs in dem Bewusstsein, dass Mike die singen muss. Ich weiß, mit was er sich identifizieren kann und was er gut transportieren kann.

Ihr wart alle in anderen Bands und macht schon seit langem Musik, jetzt wolltet ihr mit Maffai aber mal ganz bewusst etwas „Simpleres“ machen. Euer Erfolg zeigt, dass das Konzept Pop bei Maffai zu funktionieren scheint.

Jan: Ich hatte mit 17 Jahren mit Daniel zusammen eine Band, das war ein ganz schönes Geschnitzel. Ich bin seitdem eher in die kontemporäre Pop-Richtung gegangen, Daniel eher weiter so in Richtung „Gemetzel“ und experimentellen Rock / Noise. Das hat sich nun aber ganz gut ergänzt und ich glaube, dass du, Daniel, auch Bock drauf hattest, mal was zu machen, wo nicht alles runtergestimmt ist und alle versuchen, möglichst viele Anschläge pro Minute zu machen.

Daniel: Ich finde es – spielerisch vielleicht nicht – aber vom Songwriting her herausfordernder, etwas Einfaches zu schreiben. Es ist schwer, einen Song zu schreiben, der auf zwei Grundtönen basiert. Man macht sich nackter mit einfachen Ideen und es ist für mich der Reiz, etwas voll Einfaches zu machen, obwohl wir – ohne rumprahlen zu wollen – skilltechnisch Komplexeres spielen könnten.

Mike: Ich finde „steil gehen“ ganz witzig: Dass wir jetzt alles organisiert bekommen und in Hotels schlafen, aber im Endeffekt spielen wir dieselben Shows und müssen schauen, dass Leute kommen. Irgendwie ist es lustig, dass man sich mit komplexen Dingen in anderen Band abgebuckelt hat und mit einfachen Tönen funktioniert es auf einmal.

Die 11 Songs auf Shiver bespielen ganz unterschiedliche Themen und musikalische Genres, mein Favorite abseits der Auskopplungen ist Houdini mit Elena Steri. Was sind eure ganz persönlichen Lieblinge auf der Platte?

Jan: Der letzte Song Todschick, der kam auch als Letztes dazu. Ich persönlich finde ihn total spannend, weil er durch die vielen Synthies fast schon was Witch House-mäßiges hat.

Mike: Für mich ist es Shift – ich mag das Treibende und inhaltlich mag ich ihn auch sehr gern.

Daniel: Echt? Der wäre mein Least Favorite. Ich mag Corner Kids am liebsten, weil der was Anderes macht, was wir vorher noch nicht im Repertoire hatten. Ich finde aber auch Sphinx voll gut, weil ich Falco-Fan bin und der so ein bisschen diesen Touch hat.

Am 20. August 2021 feiern Maffai ein kleines Album-Release im Z-Bau Biergarten. Die 𝗠𝗢𝗡𝗔𝗥𝗖𝗛𝗜𝗘 & 𝗔𝗟𝗟𝗥𝗔𝗗-𝗧𝗢𝗨𝗥 mit dem neuen Album Shiver startet ab März 2022. Wir sagen: Vielen Dank für das Interview!

24.03.2022 Leipzig – Werk2 (mit Akne Kid Joe)
25.03.2022 Wiesbaden – Schlachthof Wiesbaden (mit Akne Kid Joe)
26.03.2022 TBA
21.04.2022 Hannover – Béi Chéz Heinz
22.04.2022 Flensburg – Volksbad
23.04.2022 Bremen – Lagerhaus
28.04.2022 Konstanz – Kula
29.04.2022 Stuttgart – Club CANN
30.04.2022 Saarbrücken – Studio 30
12.05.2022 TBA
13.05.2022 TBA
14.05.2022 Hamburg – Molotow
19.05.2022 Dornbirn (AT) – Spielboden
20.05.2022 München – Milla
21.05.2022 Wien (AT) – Rhiz
26.05.2022 Dresden – GrooveStation
27.05.2022 Berlin – Cassiopeia
28.05.2022 Nürnberg – Club Stereo

PS: Das Interview in der Hörvariante findet ihr bei unseren Freunden von Tommy und Brit.

// Interview: Sarah Grodd //
// Fotos: Eric Cimbal //